Lebensmittelsicherheit beim Konservieren von eiweißreichem Gemüse

Ich schreibe die Rezepte hier ja nicht nur als Gedächtnisstütze und Notiz für mich nieder, sondern freue mich auch, wenn jemand sie testet. Bei Rezepten zur Konservierung ist das ein zweischneidiges Schwert. Zwar fand ich neulich heraus, dass sogar Menschen Einmachrezepte teilen, die zugeben, noch nie etwas von Clostridium botulinum gehört zu haben – mir wäre das aber zu riskant. Berufsmacke. Während man eine Lebensmittelvergiftung oder andere ‚Scheissereien‘ ja noch leidlich gut wegstecken kann, sind Clostridien ein anderer Schnack.

Ich weise daher also darauf hin, dass penible Sauberkeit und hygienisches Arbeiten beim Konservieren immer wichtig sind. Zusätzlich aber sollte man Basiswissen besitzen, wie und warum Konservieren funktioniert. Die Firma Weck zum Beispiel stellt nicht nur Einmachgerät her, welches sich seit Jahr und Tag bewährt hat und entwickelt es weiter, sondern gibt auch Empfehlungen zu Zusammensetzung (süß, sauer & salzig sind für die meisten Bakterien kein Wohlfühl-Milieu) und Einkochdauer heraus und betreibt eine Telefon-Hotline, falls man sich dennoch unsicher ist. Das vorab.

Zum Einkochen von Fleisch gibt es einige Standardwerke von Menschen, die ihren Job gelernt haben und nicht einfach nur das zwanzigste Einkochbuch herausgeben, weil es gerade Mode ist etwas selber herzustellen.

Milchprodukte sind eher selten von Clostridien befallen, aber es ist theoretisch möglich. Krankheitsfälle in dem Zusammenhang sind selten. [2] Auch für die Verarbeitung von Milchprodukten gibt es Fachliteratur, die ich an dieser Stelle empfehle, wenn man sie selber haltbar machen möchte.

Bohnen gehören wie andere Hülsenfrüchte zu den eiweißreichen Lebensmitteln und bieten somit theoretisch Clostridium botulinum ziemlich gute Lebensbedingungen. Daher ist es hier besonders wichtig, penibel hygienisch zu arbeiten (schon mit geringer Keimzahl starten) und zu wissen, was man tut. Um das zu wissen, muss man seinen Feind kennen: C. botulinum ist so ungefähr das letzte, mit dem ihr euch ernsthaft anlegen wollt, denn seine Giftstoffe töten auf eine ziemlich unschöne Weise.

Durch das Einkochen werden hitzeempfindliche Bakterien abgetötet und es entsteht ein Vakuum Clostridien vermehren sich munter im luftleeren Milieu, wie es in Konserven nun mal der Fall ist, haben aber keine Probleme in aerober Atmosphäre zumindest zu überleben und bakterielle Konkurrenz ist nun auch nicht mehr da. [1] Das Bakterium bildet Sporen, die recht hitzestabil sind und erst ab einer Kerntemperatur von über 100°C abgetötet werden. Das US Department of Agriculture gibt die sicheren Temperaturen zwischen 116 und 121°C an, bei 100°C müsse man 11 Stunden lang erhitzen! [3] Die Giftstoffe gehören zu den stärksten Giften und das fiese ist, dass man einer Konserve nicht unbedingt ansehen kann, ob sie mit C. botulinum verunreinigt ist. Je nachdem, mit welchen Bakterienstamm man es zu tun hat, gibt es keine Gasbildung, keinen abweichendem Geruch oder Geschmack und das Lebensmittel sieht auch unversehrt aus.
(Gasbildende Clostridien führen zu diesen ausgebeulten Dosen, die manch einer vielleicht schon mal gesehen hat. Ich kann euch versichern, dass das gar nicht so selten vorkommt. Klein-Oli hat sich nach dem Abitur ein wenig Geld in einem Tierfutterladen dazuverdient und kann berichten, dass explodierte Hundefutterdosen fast schon zum Tagesgeschäft gehörten.)

Obwohl Vergiftungen mit Clostridien in Deutschland selten sind, kommt es zu etwa 20 Todesfällen im Jahr und die sind meist – ganz genau – auf selbst eingemachte Konserven zurückzuführen. Beim normalen Einkochen können wir das Einkochgut nicht über 100°C erhitzen, es gibt daher vom Bundesinstitut für Risikobewertung 2 vorgeschlagene, sichere Einweckmethoden für stark eiweißhaltige Lebensmittel: Man kann die Konserven doppelt einkochen. Nach dem ersten Einkochen sporen die eventuell vorhandenen Bakterien aus, beim zweiten Einkochen werden diese dann inaktiviert. (Obwohl sie durch normale Kochtemperaturen eigentlich nicht beeinträchtigt werden? Muss man sich fragen.)

Auch die Toxine selber sind hitzeempfindlich und werden bei einer Kerntemperatur von 100°C schnell abgetötet [1]. Die Inaktivierung dauert nur wenige Sekunden und frisch erhitzte Lebensmittel sind dann in der Regel frei von den Toxinen. [2] Meine Interpretation dessen ist, dass man vergiftete Konserven theoretisch unschädlich machen könnte, wenn man die Kerntemperatur auf 100°C bringt.

Die zweite Methode ist das Einkochen unter Überdruck, dabei können über 100°C erreicht werden. Für diese Art des Einkochens benötigt man einen Einkochtopf, der dem gleichen Prinzip wie ein Schnellkochtopf folgt und der technisch einwandfrei in Ordnung sein muss.

Die Firma Weck, die als Profi auf dem Gebiet des Einkochens gelten kann gibt regelmässig ihr überarbeitetes Einkochbuch heraus und empfiehlt eine simplere Methode, die aber auch sicher sein soll. Diese benutze ich bislang und will sie hier aufgrund der Nachfragen in einem gesonderten Beitrag beschreiben.

Ich weise darauf hin, dass ich mich nicht über die Empfehlungen des Bundesamts für Risikobewertung hinwegsetze und gegenteilige Empfehlungen gebe. Auch übernehme ich keine Verantwortung dafür, was in fremden Küchen geschieht.

schlechte-konserve

Nicht immer ist es so offensichtlich, dass eine Konserve schlecht geworden ist

 

[1] http://www.bfr.bund.de/cm/350/hinweise_fuer_verbraucher_zum_botulismus_durch_lebensmittel.pdf
[2] https://www.aid.de/forum/index.php/forum/showExpMessage/id/47236
[
3] http://uga.edu/nchfp/publications/publications_usda.html

Mehr Hintergrund:
https://www.aid.de/inhalt/suche.php?q=Clostridium&fq2=content&fq1=alle

https://www.aid.de/inhalt/lebensmittel-hygienisch-zubereiten-27464.html

http://www.abig.rki.de/SiteGlobals/Forms/Suche/RKIABiGSupplementSearchForm.html?nn=4195002&resourceId=4195270&input_=2420766&pageLocale=de&searchEngineQueryString=botulismus&submit.x=0&submit.y=0

https://de.wikipedia.org/wiki/Clostridium_botulinum