Jedes Jahr im Herbst nehme ich mir ‚Das Winterkochbuch‘ von Jane Lawson vor, lese Rezepte, lasse mich inspirieren, verteile jede Menge Gedächtnisstützen in Form von Post-its in dem Buch und koche am Ende doch kaum etwas davon. Sehr seltsam. Ich glaube kaum, dass es an meiner Unlust liegt, mich an Rezepte zu halten, denn das müsste ich ja nicht und das tue ich ja sonst auch nicht sklavisch. Wie auch immer, in den letzten Tagen tobt hier ein ordentlicher Herbststurm ums Haus, man erledigt draussen nur die notwendigsten Dinge und zieht sich dann wieder ins Haus zurück; ein perfektes Setting, um sich ein wenig mehr ums leibliche Wohl zu kümmern.
Dieses Rezept – so unspektakulär das Ergebnis oben im Bild auch aussieht – verlangt etwas Vorbereitung. Ein halber Kohlkopf muss gehobelt und mit Salz und Gewürzen geknetet werden, dann luftdicht abgeschlossen für 24 Stunden an einen kühlen Ort zum Fermentieren gestellt.
Danach wird der Kohl gewaschen, gut ausgepresst und mit geriebenen Äpfeln zu einer angebratenen Zwiebel gegeben, für 20 Minuten gegart und dann mit 4cl Apfelessig abgeschmeckt. Wir haben etwas mehr Apfel benutzt, als im Rezept, außerdem die Flüssigkeit mit Apfelsaft anstatt Weißwein aufgefüllt und eine ‚Bischofsmütze‘ (Chili-Sorte) fein geschnitten untergemengt.
Die Schnitzel, die in unserem Fall ausgelöste Karbonaden waren, werden in einer Salbei-Senf-Knoblauch-Buttermilchlake eingelegt und später mit einer Panade aus gemahlenen Mandeln versehen.
Das Ergebnis ist ganz fein, natürlich rustikal und durchaus ein Alltagsessen, aber doch sehr fein und stimmig abgeschmeckt – mit ordentlich viel Zeit, Liebe und Zutaten aus dem eigenen Garten mal wieder unbezahlbar. Wir haben aus lauter Verlegenheit Kartoffeln zu dem Gericht serviert, aber an sich braucht man keine Kohlehydrate dazu haben wir festgestellt. Das Schwein stammt nicht aus unserem Garten, sondern vom Hof von Bekannten, von denen wir üblicherweise 2 Mal im Jahr ein Viertel Schwein kaufen. Mit der Methode gibt es zwar nicht dann Filet, wenn es das Rezept gerade verlangt und nur soviel wie da ist (wenig), sodass man flexibler sein muss und zu improvisieren lernt, aber man kannte das Tier und die Aufzuchtbedingungen, hat es dann im Schlachthaus wiedergetroffen, dem Hausschlachter die Wünsche zum Zerlegen mitgeteilt und später dann jedes einzelne Teil sorgsam verpackt und in die Truhe überstellt. Dieser Bezug zum Tier und Schlachtkörper ist sehr wertvoll und an sich einen eigenen Artikel wert.
‚Winterkochbuch‘ von Jane Lawson, Christian Verlag. 120 Rezepte, die Leib und Seele wärmen.