Der August ist der Höhepunkt der Erntesaison in unserem Selbstversorgergarten. Nun wird wirklich alles gleichzeitig reif: die klassischen Sommergemüse wie Tomaten, Paprika, Auberginen, Gurken, Melonen, Zucchini und auch Bohnen – und obwohl man das Gefühl hat, dass die Sommerernte doch erst begonnen hat, soviel Gemüse isst wie nie und Stunde um Stunde einkocht, schleicht sich so ganz langsam mit Waldpilzen und Äpfeln der Herbst in die Ernte ein.
Nun ist die Gelegenheit, sich an Gemüse so satt zu essen, wie man es sich aus dem Bio-Laden kaum zu kaufen leisten könnte. Man schwelgt im Überfluss. Riesige Mengen wollen geerntet, kühl gelagert und schnell verbraucht oder konserviert werden. Im Windfang und in der Küche stauen sich die Erntekörbe und jeder Besucher bekommt einige Auberginen und Paprika in die Hand gedrückt.
Dennoch: wer jetzt im Hochsommer nicht spätestens an den Winter denkt, der wird die Vorratskammer nicht mehr voll genug bekommen für den langen Winter.
Und wie lang der Winter – oder zumindest die ernte-arme Zeit – ist!
Glas um Glas wandert in die Regale und Beutel um Beutel in den Gefrierschrank.
Mitten in die Fülle, die Vielfalt und das reiche Angebot der Natur sind unsere Küken aus Naturbrut geschlüpft. Von der Kreuzung zwischen Schwedisch Isbar und Bielefelder Kennhuhn hatte ich ja bereits berichtet, die Töchter sollen – so mein Wunsch erfüllt wird – olivfarbene Eier legen.
Und Apropos Viecher: Die Schafe haben sich gut eingelebt und lernen jetzt den Ernst des Lebens kennen: Rasenmähen als Lebensunterhalt im doppelten Sinne.
Sie bekommen jeden Tag ein frisches Stück Land zum Abgrasen, ein mobiler Pferch wird immer ein Stück weitergerückt wie wir es auch schon vom Chicken Tractor kennen.
Bislang funktioniert das ziemlich gut, wir müssen jetzt im Jahreslauf herausfinden, wieviele Schafe wir brauchen, um die Koppel kurz zu halten und wieviele wir ernähren können.
Das lässt sich pauschal schlecht sagen, also testen wir.
Eigentlich ist der August also ein Monats des Übergangs. Mitten in der Fülle, dem anhaltenden Wachstum und dem Überfluss schwingt schon ein wenig Vergänglichkeit und Überreife mit und passend dazu gab es die ersten Anzeichen des Altweibersommers.
Ich bin mir nicht sicher, dass ich das in dieser Klarheit schon früher gesehen habe.
Die Entwicklung der Kinder ist aufregend wie ein Abenteuerroman, nervenzerreißend wie ein Thriller, süß wie eine leichte Sommerlektüre und herausfordernd wie ein Psychologie-Schinken.
Nachahmung funktioniert einwandfrei, das ist einerseits toll (siehe Fotos), andererseits hält es einem so brutal den Spiegel vor das Gesicht, dass man es kaum aushalten kann.
Die Tochter quillt über vor Kreativität, werkelt, bastelt, kocht, garniert, dekoriert, reimt, singt, malt, formt – und sie explodiert fast vor Temperament in allen Facetten. Ich werde das an dieser Stelle aus verschiedenen Gründen nicht weiter ausführen, aber an manchen Tagen bin ich mittags schon so waidwund, dass ich mir einen ruhigen, einsamen Bauwagen wünsche.
Das ‚Baby‘ ist mobil und da es das Laufen im Gelände gelernt hat wie ein Steinzeitkind, ist es fast voll einsetzbar in Wald und Flur.
Im Garten werkelt es nach wie vor konzentriert mit Erde, Schlamm, Steinchen und Stöckchen – im Haus wird es schnell langweilig und es sucht sich Beschäftigung wie Kinder es nunmal tun: Papier zerfetzen, Vorratsdosen auskippen, Mülleimer leeren – und wieder von vorn.
Und weil ich gerade im Fluß bin, gibt es gleich noch ein paar Fotos mehr aus der unverfälschten Realität. Will mir ja nicht nachsagen lassen, dass ich hier nur Landidylle zeige.
Danke für die in hervorragendem Stil und einwandfreiem Deutsch verfasste Schilderung samt Bildern Eures Paradieses! Man könnte geradezu neidisch werden!
Vielen Dank für die Anerkennung, ich freue mich, wenn meine Berichte gefallen!
Wieder sehe ich große Veränderungen – toll, wie sich alles weiterentwickelt. Bei den Fotos eurer Pflanzenpracht mußte ich an das Motto einer Paul Klee Ausstellung vor Jahren denken. Sie hieß „Wachstum regt sich“. Bei euch quillt sie aus jeder Ritze, jeder Kerbe 🙂
Ich musste schmunzeln wie stolz Du auf die Okras bist (Ich hasse das Gemüse mehr als jedes andere…), aber das darf gerne sein. Vor allem hast Du mich jetzt neugierig auf die nächsten Monate gemacht 🙂
Liebe Grüße
Alex
Danke Alex, bei den Fotos vom Folientunnel muss ich immer an dich denken und dass du neulich (vor einigen Monaten? Ähm …) erwähntest, du würdest jetzt eine Struktur erkennen. An der Vegetation dort sehe ich immer am deutlichsten, wie sehr die Pflanzen explodieren in den wenigen Monaten, die dafür vorgesehen sind.
Und dass du die Okras hasst, habe ich auch nicht vergessen, haha. Jetzt, wo ich den Bogen so einigermassen raus habe, hoffe ich für nächstes Jahr endlich auf ein Gumbo komplett aus eigener Erzeugung.
Ah, unsere nunmehr schlachtreifen Cou nu-Hühner würden dich sicher auch interessieren bzw. reizen.
Schade, dass mir so sehr die Zeit fehlt, alles zu zeigen, aber die Rückblicke der letzten Monate müssen nun schnell folgen.
LG Oli
Euer Garten und die weitere Landwirtschaft scheint ja schon sehr fruchtbar zu sein. Ich erinnere mich, dass der Anfang (vor 4 Jahren und mehr) doch sehr mühsam war. Unkraut und das gestörte Ökosystem aus Zeiten der Vorbesitzer machten Euch zu schaffen. Das scheint nun vorbei zu sein, ich freu mich mit Euch. Magst Du über die Fortschritte an Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt berichten? Liebe Grüße von der Gärtnerin mit dem gruenen Daumen
Das Land an sich ist sehr fruchtbar hier, ja. Wir haben an den meisten Stellen schwarze Erde, Bäume und Büsche wachsen unheimlich schnell und es gibt viele Stickstoffzeiger wie Brennnesseln. Unser Stück ist zum größten Teil nach wie vor mit Quecke verseucht und sie wächst mittlerweile auch 80cm durch die Hochbeete hindurch. Die Fläche im Folientunnel haben wir daher ja mit Baumschultextil ausgelegt, obwohl wir natürlich lieber auf Plastik verzichten würden. Die Wurzelausscheidungen der Quecke mit den Hemmstoffen sind dabei das kleinere Problem, die bloße Verdrängung das größere.
Auf der Koppel unten wächst unheimlich viel Hahnenfuß und Sauerampfer – da sind die Schafe nun aber eine Hilfe, beides kurz zu halten bzw. die Blütenstände lassen sich im ringsum kurz gefressenen Gras von uns auch besser schneiden.
Insgesamt hat sich schon enorm viel verändert, seit wir hier sind: Kröten, Schlangen, viele verschiedene Vögel, Frösche, Wildbienen, Asseln, Würmer, Grashüpfer haben wir. Fledermäuse, Käuzchen, sogar eine Mini-Maus so groß wie ein Daumennagel habe ich letzten Winter gesehen! Solche Tiere kommen natürlich nur in einen naturnahen Garten mit vielen verschiedenen Pflanzenarten.
Wir haben massiv Insektenfreundliche Gehölze angepflanzt, es gibt viele verschiedene Kräuter, auch Wildkräuter, auf Spaziergängen nehme ich gerne ein Schäufelchen voll Erde mit Ablegern von wilden Arten mit, die wir hier noch nicht haben.
Es ist jetzt im Prinzip schon so, dass wilde Tiere, domestizierte Nutztiere und Menschen den Garten gut gemeinsam nutzen können und zu einem gar nicht so kleinen Teil davon leben. Luft nach oben ist immer noch, aber ich kann das Tempo drosseln. Ziel ist, dass der Garten abgesehen von Erhaltungsmaßnahmen und den großen Sä- und Pflanzaktionen im Frühjahr recht wenig Arbeit braucht.
Wir versuchen, so viele Kreisläufe wie möglich zu schließen aber ich bin nicht mehr so dogmatisch wie am Anfang. Wir nehmen Laub in Säcken von anderen Leuten an, benutzen es als Einstreu und kompostieren es dann.
Pferdemist von Bekannten wird auf die Beete der Starkzehrer gegeben und diese mit Folie (jaaa, Plastik …) abgedeckt, Pflanzlöcher geschnitten. So können wir trotz Quecke pflanzen und ernten und vielleicht wird dieses UN-Kraut ja doch irgendwann mal weniger.
Ja, wenn ich so resümiere ist wirklich schon viel passiert aber an der Quecke beispielsweise kann man sich abarbeiten.
Ach: rings um den Garten in den Knicks wuchern Brombeeren. Für Tiere ist es toll als Deckung und Nahrung (Blüten und Beeren) aber wenn man nicht tagelang jedes Jahr rodet, verliert man hunderte Quadratmeter. Das ist auch ein Problem.
Liebe Grüße zurück! 🙂
Oli
Danke! Es wird schon.
Ach, so schön kann der Sommer sein. Hatte ich schon ganz vergessen.
Ja guck, dann hat meine ellenlange Verspätung ja doch Vorteile! 😉
ja, das hatte einige Vorteile! Ich war schon so im Novembernebel verschwunden – da hat mich Dein Augustbericht davor bewahrt ganz trübsinnig zu werden. Er hat mich ein Stück weit wieder in die Stimmung versetzt, die mich über den Sommer bis weit in den September hinein begleitet hat. Sicher ist bei Euch vieles anders als hier aber das Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein, den Garten immer besser zu „verstehen“ Teil des „Werden und Vergehens“ zu sein, das ist inzwischen auch bei uns stark zu spüren und wir sind sehr dankbar dafür.
Von unserer reichen Ernte konnten wir dieses Jahr die Häfte verschenken, wenn das jetzt jedes Jahr so wird, müssen wir unseren Tauschhandel erheblich erweitern!
Das klingt sowas von gut!
Ich bin ganz gespannt von deinen neuen Vernetzungen zu erfahren, von dem Weg zu der tollen Ernte und darüber zu schnacken, wie man beides irgendwie verbinden kann!
Das ist eines von diesen Beispielen, wo es einfach passt. 🙂