Seit einiger Zeit wollte ich schon unsere Pommernenten vorstellen. Wie man unschwer erkennen kann, lagert das Foto schon seit dem Spätsommer auf der Festplatte, aber nun ist es soweit. Wir halten ja seit einigen Jahren Flugenten und irgendwann kam mein Mann auf die Idee, dass wir Pommernenten brauchen. Bei einem Besuch des Archehofs Warder sahen wir einige Schläge der Tiere in natura und sie fielen sofort durch ihre Zutraulichkeit auf.
Handfest wie er nunmal ist fragte der Gatte dann sogleich, ob wir einige dieser Enten kaufen können. Wir konnten und schon bald haben wir diesen kleinen Zuchtstamm zu uns geholt.
Die beiden silbernen Enten sind weibliche Tiere und das schwarze ist ein blutsfremder Erpel. Die schwarzen Vertreter der Rasse werden wohl auch ‚Uckermärker Enten‘ genannt, der ursprüngliche Name der Pommernenten ist laut VIEH e.V. ‚Schwedenente‘ weil das Ursprungsgebiet Vorpommern bis 1817 zu Schweden gehörte und der blaue Schlag dieser Rasse dort damals wohl intensiv gezüchtet wurde. So verwirrend sich die Geschichte um Farben, Gebiete und Zeiten vielleicht anhört, so verwirrend ist es wohl auch bei näherer Betrachtung, die Tiere und deren Herkunft zuzuordnen.
VIEH e.V. schreibt dazu:
Da schon 1913 der Genetiker Richard Goldschmidt feststellte, das die Entenrassen „unglaublich durcheinander bastardiert sind“, kann man nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, was wir da heute eigentlich unter dem Namen Pommernente vor uns haben. Tatsache ist aber, dass es sich hierbei um altes genetisches Erbgut handelt und so gilt die Pommernente heute als älteste deutsche Entenrasse.
Die Tiere waren und sind anscheinend eierlegende Wollmilchsäue; sie legen mit (je nach Quelle) 100-150 Eiern von blaugrüner Farbe eine beachtliche Anzahl, setzen schnell Fleisch an, welches eine Delikatesse sein soll, sie sind zutraulich, recht leise, fressen sehr gerne eine bunt gemischte Kost aus Resten und suchen sehr aktiv selber nach Futter, sie brüten zuverlässig, führen die Küken gut, sind sehr winterhart und können mit 5 Monaten geschlachtet werden. Aber sie brauchen auch viel Platz im Freiland, Auslauf und Wasser – sind also nicht zur Massentierhaltung geeignet und das führte unweigerlich dazu, dass der Bestand rapide abnahm.
Wieviele Pommernenten oder besser Schwedenenten es tatsächlich noch gibt, kann wohl niemand mit Gewissheit sagen, bei Wikipedia heisst es:
Heute jedoch gehört die Pommernente mit einem Bestand von circa 100 Tieren in Deutschland zu einer akut gefährdeten Rasse und wird auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen geführt.
Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) hingegen schreibt:
Im Jahr 2013 wurden 170 männliche und 355 weibliche Tiere bei der Bestandsrecherche registriert.
Alte Nutztierrassen kann man nur nachhaltig schützen, wenn man ihre Produkte nutzt und Nachfrage schafft. Wir sind sehr gespannt, ob unsere Pommernenten sich dieses Jahr tatsächlich so zuverlässig in Hinblick auf Legeleistung, Brutverhalten und Mutterinstinkte zeigen und letztlich – natürlich – 5 Monate später, ob ihre Braten uns geschmacklich überzeugen.
Mein Herz haben die Pommernenten in jedem Fall mit ihrer ruhigen aber geschäftigen Art schon erobert, sie schnattern vor sich hin, wie man es sich von Enten vorstellt, sind gierig auf abwechslungsreiche Kost ohne dabei aggressiv gegeneinander zu werden und sie sehen einfach toll aus. Weitere Pluspunkte im täglichen Umgang sind, dass sie bislang das Gehege nicht verlassen haben, sie fliegen anscheinend nicht. Und sie sind nicht bewaffnet! Sie haben ganz ’normale‘ Enten-Patschfüsse – ihre südamerikanischen Verwandten, die Flugenten, hocken originär viel auf Bäumen, sind Höhlenbrüter und haben verdammt scharfe Krallen. Sie fliegen gerne im Garten herum und auch darüber hinaus, ausser den im Sommer vorgesetzten Nacktschnecken fressen sie kaum etwas angebotenes. Natürlich ist es sehr praktisch, dass sie gut weiden und einen großen Teil ihres Futterbedarfs selbstständig über Gras decken, aber das Gras ist nunmal grüner auf der anderen Seite des Zauns. Neulich klopfte es abends spät an der Hintertür und eine Frau aus dem Oberdorf machte uns darauf aufmerksam, dass Enten von uns auf der Strasse sitzen. Fangen und treiben liessen sich die ausgebüxten nicht und die Nacht haben sie auf der Büffelkoppel nebenan verbracht. Vielleicht glaubten sie sogar, dass sie mit ihrem schwarz-weißen Federkleid vor dem schwarz-weißen Hintergrund bestehend aus Maulwurfshügeln und Schnee gut getarnt wären als hätten sie eine Camouflage-Joppe an. Leider hatten sie wohl die Geruchstarnung ausser Acht gelassen und ohne die lassen sich Fuchs und Marder nunmal nicht foppen. R.I.P. Elsbeth und deine Töchter aka die weiblichen Tiere des sorgsam gepflegten Zuchtstammes.
Auf dass das den Pommern nicht passiere.
Bin ein bisschen neidisch auf deine Nacktschneckenfressendeneierlegendensonntagsbraten. Sehen super sympathisch aus und es freut mich dass sie euren Sturm überlebt haben.
Liebe Grüsse Bernhard
Je mehr verschiedene Tiere man hält und je mehr ‚Kreislaufwirtschaft‘ man betreibt, desto besser fügt sich alles zusammen. Am Ende ist wahrscheinlich der Hof selber, das Gefüge die eierlegende Wollmilchsau und man ist wieder da, wo die Altvorderen irgendwann aufgehört haben.
Die Pommernenten sind toll und eben ‚die Schweine des kleinen Mannes‘. Bin sehr gespannt, wie sie schmecken, ich bekomme die Haut von den Flugenten nie so knusprig und gleichzeitig füllig, wie ich es gerne möchte – vielleicht klappt es bei dieser Art besser? Ich werde berichten.
Und apropos alte Nutztierrassen, alte Gemüsesorten und Bernhard aus der Schweiz – besitzt Du das Buch ‚Blaue Schweden, Grüne Zebra, Roter Feurio: Alte Sorten – neu entdeckt Das Pro-Specie-Rara-Kochbuch‚?
Da zaubern Spitzenköche aus eben den alten Sorten & Arten tolle Sachen, es gibt jede Menge Hintergrundinfos UND bei Euch in der Schweiz kann man die so speziell ausgezeichneten Sorten wohl auch normal kaufen steht dort. Ich komme darauf, weil dort auch ein Rezept mit Pommernente enthalten ist wenn ich mich nicht irre.
Liebe Grüße!
So, endlich komme ich zum Antworten. Pro Spezia Rara ist mir ein Begriff seit Anbeginn, in den 80er Jahren. Slow Food wurde wenn ich mich richtig erinnere auch in jener Zeit, eher etwas später in Italien(?) gegründet. Doch damals bin ich beruflich um die Welt gereist, u.a. für die Dr.Hell in Kiel, habe mich interessiert aber nicht darum gekümmert. In meinem heutigen Netzwerk sind vom Bauern, zum Gemüsehändler, zum besten Comestible für Geflügel in der Schweiz bis zu Spitzenköchen so viele Fachleute dass Informationen für neue (und alte) gute Produkte meistens bei mir ankommen. Doch um deine Frage zu beantworten: Nein ich kenne das Buch nicht. Gegenfrage: Warum, brauchst du eines? Brauchst du irgend welche Kochangaben zu Enten? In meinem Bekanntenkreis ist fast alles erhältlich.
Geniess euren Hof mit deinen Viechern. Wir haben nur Miauende und bellende Pfoten.
Liebe Nachtgrüsse, Bernhard
Nein, das Buch habe ich! Ich weiss zwar nicht, ob ich jemals Ambitionen entwickeln werde, auf diese Art und Weise zu kochen, schäumen, dekorieren – derzeit liegt unser Fokus ja woanders – aber es ist trotzdem ein sehr, sehr gutes und inspirierendes Buch für mich. Ich fragte, um es Dir gegebenenfalls zu empfehlen.
Aber das, was Du schreibt ist wahnsinnig interessant. Dein Netzwerk scheint Dir wie angegossen zu passen sozusagen. 🙂
Ich finde das toll, wichtig und extrem komfortabel, ein passendes Netzwerk zu haben. Hatte ich früher zwar auch, aber da ich beruflich aus einer ganz anderen Ecke komme und meinen geografischen Schwerpunkt woanders hatte, hat uns das hier nichts geholfen. Jetzt wieder über die Jahre zu sehen wie alles passende und nützliche zusammenwächst ist ein sehr behagliches Gefühl.
Liebe Grüße zurück, Oli