In ‚The Art of Fermentation‚ schreibt Sandor Katz, dass es Kimchi in einer überwältigenden Anzahl von Variationen gibt. Er zitiert unter anderem aus Hi Soo Shin Hepinstalls Kochbuch ‚Growing Up in a Korean Kitchen‚ (frei übersetzt von mir): „In koreanischen Küchen werden mehr als einhundert verschiedene Arten Kimchi hergestellt, wobei von Kohl bis zu der Rinde von Wassermelonen sowie im Sommer Kürbisblüten alles benutzt wird. Das Kimchi einer jeden Familie hat einen einzigartigen, individuellen Geschmack.“
Das grundsätzliche Vorgehen ist zunächst einmal immer dasselbe, Gemüse wird vorab mehrere Stunden in einer salzigen Lake eingeweicht, manchmal zwischendurch gewendet. Alternativ können die geschnittenen Gemüse trocken gesalzen und dann einige Stunden ziehen gelassen werden. Danach wird das Gemüse gründlich gewaschen, um überschüssiges Salz zu entfernen. Durch das Salzen können die Gewürze allmählich in das Gemüse eindringen. Heutzutage wird dieser Prozess innerhalb eines Tages vollzogen während es früher bis zu 9 Tage dauern konnte.
Ein weiteres typisches Merkmal der Kimchi-Herstellung sei das Verwenden von getrockneten Chilis als Flocken oder als Pulver. Üblicherweise werden Chili, pürierter Ingwer, Knoblauch, Zwiebeln und andere Gewürze mit Stärkebrei zu einer Paste vermischt. Der Stärkebrei hat die Konsistenz wie Haferschleim und besteht aus Reismehl und Wasser im Verhältnis 1:8. Diese Paste wird gekocht und bei konstantem Rühren ein paar Minuten simmern gelassen bis die Paste dick wird. Wenn der Brei auf Körpertemperatur abgekühlt ist, werden die Gewürze untergemischt.
Dieser Gewürzbrei wird dann mit dem abgespülten Gemüse gut vermischt und abgeschmeckt. Nach etwa 2 Tagen soll ein weiteres mal abgeschmeckt werden.
Normalerweise sei Kimchi sehr würzig aber nicht immer scharf. Es gebe durchaus auch mildes Kimchi, welches ohne Chili hergestellt wird.
Unser selbstgemachtes Kimchi
Wir mögen unser Kimchi scharf, aber wir müssen uns nichts beweisen, indem wir es unerträglich rachenputzend zusammenbrauen. Auf Ingwer verzichten wir mittlerweile weil insbesondere mir der Geschmack von fermentiertem Ingwer in dieser Kombination nicht gefällt.
Auch geben wir keine Fischsauce zu, keine rohen Austern, keine Shrimps, keinen Oktopus – ja, noch nicht einmal Rettich ist bei dieser Mischung dabei. Rettich oder Rettichschoten könnten wir uns allerdings gut im Kimchi vorstellen; wie immer bei traditionellen Gerichten gibt es viele verschiedene Möglichkeiten der Variation und schliesslich zwingt einen niemand, sich sklavisch an Rezepte zu halten.
Wir stellen unser Kimchi so her:
- 4 kg Chinakohl
- 3-4 kg Karotten
- 2-3 Knoblauchknollen
- 10 EL Chiliflocken
Der Chinakohl wird geviertelt und in einer Salzlake eingeweicht. Ich beschwere den Kohl weil er sonst auftreibt; dazu eignen sich schwere Holzbretter oder die Beschwerungssteine des Gärtopfes. Sandor Katz empfiehlt eine Lake aus 15% Salz bezogen auf das Gewicht vom Wasser wenn man 3-6 Stunden einlegt oder 5-7% bei 12 Stunden. Wir haben 2 EL pro Liter Wasser benutzt und etwa 3 Stunden einweichen lassen.
Danach wird der Chinakohl gut abgewaschen, geschnitten und in einer großen Schüssel mit den geraspelten Karotten, dem gepressten Knoblauch und den Chiliflocken gut vermischt. Unsere Empfehlung lautet ganz klar Einmal-Handschuhe zu tragen und selbst dann schmecken die Hände nach der Arbeit noch scharf und sind es auch.
Die Mischung wird nun gut verdichtet in einen Gärtopf gepresst, sodass Flüssigkeit das Gemüse luftdicht abschliesst. Je nach Raumtemperatur kann man den Gärtopf nun einige Tage stehen lassen, bevor man ihn an einen kühleren Raum räumt. Unser Gärtopf steht in der Küche bis er vernehmlich blubbert und Gaswolken ausstößt, dann zieht er in die Speisekammer um wo er stehenbleiben kann, bis der Inhalt verbraucht ist.
Generell ist es bei fermentierten Gemüsen immer sinnvoll, die Behältergrösse dem (verbleibenden) Inhalt anzupassen um Verhältnis Gemüse zu Luft beizubehalten. Sind nur noch kleinere Mengen Kimchi übrig, sollte man dieses in einen kleineren Gärtopf oder Gläser mit Schraubverschluss umziehen.
Wir mögen unser Kimchi also derzeit gerne sehr schlicht und einfach und benutzen es meist roh als Salat, so profitiert man gesundheitlich auch am meisten von den lebenden Kulturen. Natürlich kann man mit Kimchi auch kochen, verzichtet dann aber auf die probiotischen Eigenschaften weil die Mikroorganismen durch die Hitze abgetötet werden.
Interessanter Beitrag. Werde ich auch mal versuchen. Danke für das tolle Rezept und die Inspiration. Freue mich schon auf Weitere. 🙂
Grüner Gruß MION
Danke! Fermentieren ist ein unendlich spannendes und vielseitiges Feld, ich glaube, dass das wirklich etwas für Dich sein könnte damit zu experimentieren. *orakel auf die Ferne*
Liebe Grüße, Oli
Auf jedenfall. Ich denke schon die ganze Zeit darüber nach was zu Senfblättern passen könnte…vielleicht Ingwer und Ananas??
Süß, scharf, salzig, sauer…Gut?
Die Zutaten verändern ja während des Fermentierens ihren Geschmack, schwer zu sagen. 🙂 Ich finde die Mischung ‚Süß, scharf, salzig, sauer‘ immer klasse, was hinterher beim Fermentieren rauskommt ist eine Überraschung!
No Risk no Fun 🙂
I’ve never made kimchi, but you have inspired me to give it a try.
Vor zwei Wochen bekam ich ein tolles Buch übers Fermentieren von Gemüse und seither liegt das Buch aufgeschlagen auf dem Wohnzimmertisch und wartet darauf, dass ich Kimchi nach dem darin angegebenen Rezept zubereite! Danke für den Anschubser, vielleicht schaffe ich es ja noch diese Woche! Liebe Grüße, Doris
Glückwunsch zu dem Buch, fermentieren ist toll. Und ich finde, egal ob man Gemüse oder Getreide fermentiert oder seine SCOBYs füttert, wenn man Geschmack an dem Produkt gefunden hat und die Herstellung zur Routine geworden ist, geht das nebenbei immer so mit.
Viel Erfolg bei deinem ersten Kimchi. 🙂
Liebe Grüße, Oli
ich staune immer wieder wie wenig wir unsere Kontinentale Esskultur/ Geschichte kennen. Kimchi oder wie auch immer lokal genannt wird, gibt es in Hülle und Fülle auch in Europa. Speziell ab Balkan aufwärts und sehr weit verbreitet in Russland und Norden. Ich kenne aus dem balkanischen Raum gefüllte 10 Variationen. Die schmecken alle super und das wichtigste , super gesund. @ boretsch , Ingwer passt gut , Ananas hingegen nicht….
Gruß
Willkommen hier Jacob, unsere Art des Kimchi hat in der Tat mehr von der osteuropäischen Küche. Original-Kimchi mit Stärkebrei würde ich jetzt aber wirklich eher nach Asien verorten, vor allem wenn es darum geht, Fische und andere Meerestiere darin zu fermentieren oder in bereits fermentierter Form hinzuzugeben. Natürlich weiss ich, dass Fisch auch anderswo fermentiert wird (Schweden, Island z.B. prominent) aber ja nicht in diesem Setting.
Interessant finde ich, dass jede einzelne Kultur eine Tradition im Fermentieren hat und es trotzdem möglich war, diese Form der Aufwertung und Haltbarmachung nicht nur im oft kritisierten Westen, sondern vor allem auch in Japan fast aussterben zu lassen und ggf. höchstens die Prozedur nachzuahmen, indem mal Lebensmittel kurz in Essig einlegt.
Auch eineForm von Fast Food statt Slow Food.
Wenn Du sagst, dass WIR unsere kontinentale Esskultur wenig kennen, gebe ich Dir recht. Im allgemeinen ist es wohl so und liegt vielleicht auch ein kleines bisschen daran, dass die Chefs eine Richtung vorgeben und die Herde hinterher trabt? 😉
Italien + Frankreich sind kulinarisch toll, Ostblock und Skandinavien z.B. werden ignoriert?
Wie auch immer,leider,leider gibt es bei Dir ja nur wunderbare Foto und keine Rezepte, aber ich werde trotzdem mal gespannt nach Fermentiertem und osteuropäischemEssen Ausschau halten!
Liebe Grüße
Hi , Danke für die nette Begrüßung. Stimme dir voll und ganz. Naja, ich behaupte mal so, wir haben es selbst in der Hand, wir können immer noch die Defizite die wir haben ausgleichen. Das kann aber nur passieren ,wenn wir uns mit unserer Geschichte mehr auseinander setzten. Ich habe vor dem Klassiker einen Heiden Respekt. Auf der Basis spiele ich in der Küche.habe eine Vorliebe für neu Interpretationen:-))) Die Klassiker sind nichts anders als über Jahrhunderte , hochentwickelte und ausgefeilte Rezepturen die der Perfektion nahe stehen.Sie beinhalten nicht nur Geschmack , berücksichtigen auch unsere Bedürfnisse was Makro-und Mikronährstoff-Versorgung angeht. Was meine fehlenden Rezepte angeht, ich habe bis Dato 12.000 Bilder hochgeladen , bei der Pensum , unmöglich auch noch Rezepte zu schreiben. es handelt sich im Grunde genommen um banale Rezepturen/ Ideen die mittels Techniken und Wissen aufgepeppt wurden. Und wie ich auf meinem Banner geschrieben habe, ich bitte Anregungen. Bei bedarf , helfe ich gerne mit Rezepturen und Techniken, für einen einfachen Kuchen oder einfache Sauce , entfällt die Notwendigkeit , derselbigen denke ich…Habe über die Jahre festgestellt, wer nur nach Rezept was herstellen möchte , hält sich keine Sekunde auf meinem Blog auf , andere die sich für mehr interessieren…..
Besten Gruß
Jepp, das finde ich auch nach wie vor spannend, wie gut sich die Inhaltsstoffe der alten Gerichte ergänzen. Herausgefunden ganz ohne Laboranalysen.:)
Und dann eben, wie die Menschen überhaupt erstmal rausgefunden haben, wie sie ein Lebensmittel gut verträglich machen können und die Nährstoffe nutzen, anstatt Mangelerscheinungen davon zu bekommen z.B. Nixtamalisation von Mais.
LG