Das alte Haus wird in den Rohbau-Zustand versetzt

tapeten ab vorsprung noch da

Dieser Vorsprung konnte keiner Bestimmung zugeordnet werden und wurde entfernt.

Ich weiss, dass einige von euch diesem nächsten Beitrag über die Sanierung des Resthofes entgegenfiebern (bei uns heisst das dibbern). Nun will ich versuchen an den letzten Beitrag anzuknüpfen, in welchem ich euch das Haus von innen im Kaufzustand gezeigt habe.
Es gab also jede Menge zu tun und etwa 6 Monate Zeit bis die Umzugswagen anrollten. Es musste erstmal entkernt werden. Denn bei einem solchen Vorhaben gilt: ist der Rohbau-Zustand erreicht, hast Du schon viel gewonnen und jede Menge Arbeit und Geld investiert. Ab da kennt man die Verhältnisse ausreichend, die Materialien, die Statik, kann logisch die Arbeiten aufeinander folgen lassen und hat voraussichtlich die schlimmsten Überraschungen schon erlebt.

Da ich zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich genau 1000 Kilometer von dem Haus entfernt wohnte, überliess ich die ersten Arbeiten Bekannten und Handwerkern. Tapeten abreissen, Fußbodenbeläge rausnehmen, entrümpeln und Fliesen abschlagen stand erstmal auf der Agenda. Danach wurden die elektrischen Leitungen neu verlegt und Wasserleitungen gelegt.
alter estrich deckenverkleidung abIn meinem alten Zuhause liefen die Planungen auf Hochtouren und auch das war recht viel Arbeit. Und natürlich fuhr ich oft zwischen und besah mir die Baustelle und die Fundstücke.  Ein alter Estrich, von dem man nicht weiss, woraus genau er besteht und wie massiv er ist, ob es eine Sperrschicht und/oder Dämmung gibt oder nicht hier und eine abgehängte Decke dort.

Ölfarbe an mehreren Wänden. Die muss natürlich runter, darauf kann man nicht mit Kalkfarbe malen und das war der Plan. Apropos runter: beim Abziehen der alten Tapeten – und es handelte sich ja oftmals um viele Schichten Tapeten übereinander geklebt – kam stellenweise der Putz mit runter. Großflächig. Es handelte sich natürlich um Kalkputz, passend zum Mauerwerk, den Fugen und Norddeutschland.
ölfarbe und putz kommt runter ölfarbe strom gelegt

Der Kalkputz war wohl eine ziemlich magere Mischung und da durch das Ablösen der Tapeten ohnehin schon tiefe Löcher in den Putz gerissen waren, entschied ich mich dafür, das komplette Haus neu verputzen zu lassen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon erste Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit der Handwerker der ersten Stunde gemacht. Die einen arbeiteten wie ein Uhrwerk, zuverlässig, solide, wie abgesprochen und die nächsten zeigten einfach kein Interesse, mit den besprochenen Arbeiten zu beginnen. Ich muss dazu sagen, dass ich die Preise nie verhandelt habe, ich wollte so schnell wie möglich fertig werden und selbst wenn absolute Mondpreise aufgerufen wurden, habe ich sie zunächst bezahlt. Daran lag es also eher nicht. Ein Punkt war die Auslastung der Firmen zu diesem Zeitpunkt, 2011 gab es mehr als genug Baustellen und demnach Aufträge, da war keiner gezwungen bei Oli anzutanzen. Aber warum wurden die Aufträge bei anderen bereitwillig erfüllt und hier wurden die Hände in die Taschen geschoben und immer wieder ‚schwierig, schwierig‚ gemurmelt?

Warum wurde zugesagt zu einem bestimmten Zeitpunkt mit den Arbeiten zu beginnen und dann andere Baustellen vorgezogen? Warum wirft man mir als Handwerker seine Visitenkarte in den Briefkasten, nimmt den Auftrag an, lässt sich einen königlichen Vorschuss auszahlen und schaukelte dann … auf dem Moped herum?

tapeten ab strom gelegt tapeten abEinmal weil man es mit mir machen konnte. Ich war es gewohnt mit anderen Freiberuflern zu arbeiten und bin ohnehin der Meinung, dass ‚Druck‘ oder besser gesagt Wille  von einem selber kommen muss, aus einem Pflichtgefühl und der Freude am Erschaffen heraus – und nicht, indem andere die Kandare anziehen. Anscheinend zu ungewohnt für manch einen.

Zum anderen war für mich ein Wort ein Wort. Klar. Selbstverständlich. Am gegebenen Wort zu zweifeln war für mich beleidigend. Lieber suchte ich bereitwillig nach Entschuldigungen für die armen Handwerker, Frau krank, Oma tot, Motorschaden, Hand gebrochen – sonst würde man mich ja nicht so schändlich hängen lassen. Ohne Rückmeldung.

So stieg ich also erst recht spät dahinter, was ein weiterer Grund für dieses seltsame Verhalten war: Ich bin eine Frau. Und ich war eine alleinstehende Frau. Zwar mit dickem männlichem Auto, einem Plan und Willens und in der Lage die Rechnungen zu bezahlen, aber eben doch eine Frau. Und nicht vom Bau sondern Autodidaktin. Eine Verrückte also, die sich in den Kopf gesetzt hatte die Sanierung selber zu planen und es auch tat.

Irgendjemand rückte eher später als früher mit der Sprache heraus, man war sich halt nicht sicher ob ich durchziehen würde, man war sich nicht sicher, ob mein Geld reicht, man zweifelte also Dinge an, an die ich nicht im Traum gedacht hätte. Bei einem Kerl wäre es wohl anders gelaufen. Da muss man erstmal drauf kommen!

Aber nützt ja nichts, das gemietete Haus war ja wie gesagt gekündigt, die Umzugslaster bestellt, bis zu dem Zeitpunkt musste was passieren oder ich hätte mir für den Winter einen anderen Unterschlupf suchen müssen. Mit 3 Hunden und 3 Katzen. Ganz so leicht wie es sich jetzt liest nahm ich es zwar nicht aber letztlich entzog ich Zimmermann 1 den Auftrag endlich und setzte Maurer 1 davon in Kenntnis, dass er seine Mondpreise überdenken müsse. Der Schlawiner hatte eine geschickte Strategie: er schulte während unserer Besprechungen immer auf meine Aufzeichnungen und sah so, welches Budget mir für welche Arbeiten vorschwebte, an der Obergrenze orientierte er dann sein Angebot und legte noch ein bisschen drauf. Einmal hatte er wohl die falsche Zeile erwischt und so ging mir ein Licht auf als er den notierten Materialpreis als Arbeitslohn vorschlug.

Das folgende war ein Befreiungsschlag und es ging endlich wieder voran. Eine Firma, die ihre Arbeiter aus dem nicht gerade benachbarten Ausland rekrutierte sprang ein und die Jungs fackelten nicht lange sondern arbeiteten. Liessen sich zwar auch sehr, sehr gut bezahlen, aber es ging erst einmal endlich sichtbar voran.

Zusätzlich fand ich im nächsten Ort einen Klempner, mit dem die Zusammenarbeit gut lief. Zunächst zuverlässig, auf Augenhöhe, keine Abzocke und er konnte weitere Kontakte zu einheimischen Handwerkern machen. Und das ist Gold wert. Kommt man erst einmal in ein Netzwerk von guten Handwerkern, die sich gegenseitig weiterempfehlen weil sie es reinen Gewissens können, ist viel gewonnen.

Der alte Dielenboden in einer der Stuben wurde aufgenommen, zwischengelagert und der Klempner verlegte die Wasserrohre, es wurde ein Betonboden gegossen.

Dielen raus und schon hast Du die schönste Sandkiste im Haus

Dielen raus und schon hast Du die schönste Sandkiste im Haus

Gott weiss, wie lange mein bruder und ich geschabt und gekratzt haben bis diese seltsame Farbe weg war.

Gott weiss, wie lange mein Bruder und ich geschabt und gekratzt haben bis diese seltsame Farbe weg war.

boden aufgenommen

Bei einem der nächsten Besuche auf der Baustelle strahlte ich voller Vorfreude: der neue Putz sollte an der Wand sein. Kalkputz natürlich. Der deutsche Maurer wollte Kalk nicht verarbeiten, die andere Firma hatte damit kein Problem. Nur, dass sie die Wände mit Gips zugekleistert haben. Ich bin wie Rumpelstilzchen über die Baustelle gefegt, fluchend wie ein Kesselflicker, die ganze Arbeit, das ganze Material, das Raumklima – alles verloren. Obwohl der Chef sonst nie Verständigungsprobleme hatte, sprach er plötzlich von einem ‚Schlechtverständnis‘ und wollte mir erklären, dass Kalk und Gips dasselbe seien. Zum Kotzen.

frisch verputzt

Auch die total versiffte Decke im Flur wurde ausgetauscht.

Ich war reichlich bedient und die Zeit drängte nun wirklich. Den Putz nochmal abzuschlagen und mit Kalk richtig zu verputzen hätte den Zeitrahmen gesprengt. Was für ein Mist! Arbeiten wie das Verputzen möchte man ja nun wirklich nur einmal machen (lassen) und sich diese überaus staubige und schmutzige Arbeit im bereits eingerichteten und bewohnten Haus ersparen.

Die Böden mussten noch abgeschliffen beziehungsweise neu verlegt werden, die Fliesen im Bad mussten verlegt werden, die Sanitärinstallationen durchgeführt und letztlich musste ich die Wände noch streichen bevor ich einziehen konnte. Wie also sollte ich aus dieser Situation herauskommen? Indem ich zähneknirschend die gipsverschmierten Wände hinnahm. Im Einstecken war ich schon immer gut.

verputzt ohne boden frisch verputzt

Der Fussboden aus Pechkiefer wurde im zukünftigen Badezimmer auf dem neuen Betonboden wieder verlegt. Wasserleitungen liegen, Wände sind zwar mit Gips aber immerhin verputzt – so langsam konnte man sich vorstellen, dass das ein Bad wird.

Wasserleitungen verlegt, Betonplatte gegossen, Wände verputzt, Pitchpine wieder rein - bald wird das Bad fertig sein.

Wasserleitungen verlegt, Betonplatte gegossen, Wände verputzt, Pitchpine wieder rein – bald wird das Bad fertig sein.

 

Das soll es für heute gewesen sein, was Christo mit diesem Haus zu tun hat, welcher Handwerker mich mit einem Kabel schlagen wollte und wie der Liebesbrief an die Wand kam erfahren wir in einem der nächsten Beiträge. Denke ich.

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11 Gedanken zu „Das alte Haus wird in den Rohbau-Zustand versetzt

    1. Landidylle Autor

      Danke, bald kommen auch wieder nettere Fotos und ab dem zeitpunkt wo bessere handwerker am Werke waren, ich erfahrener war und meinem endgültigen Umzug ging es dann auch flotter voran. ich finde das auch gerade total spannend, alles Revue passieren zu lassen. 🙂

      Antwort
  1. Doris

    Das mit den Handwerkern hört und liest man immer wieder. Man denkt, die haben ihr Handwerk nicht gernt. Auch die vielen Tapetenschichten gibt es überall in den alten Häusern.
    Ich bin auch aus dem Handwerk, Handnäherin. Ich schwöre , ich habe immer so ordentlich wie es möglich war gearbeitet. Von anderen Firmen habe ich auch oft gezweifelt. Naja, wir haben vorgemacht, gearbeitet wird jetzt nur noch in China. Da zieh ich aber nicht hin.
    Ja, wann geht die Geschichte weiter ? Sowas lese ich herzlich gern.

    Antwort
    1. Landidylle Autor

      Ich habe mittlerweile in eine Handwerkerfamilie geheiratet und so wahnsinnig viele Handwerker kennengelernt. Wie überall gibt es so’ne und solche aber was sich einige für Schnitzer erlauben ist der Wahnsinn. Davon wird später auch noch öfter die Rede sein. Ich denke ich mache bald weiter mit dem Bad, das wird dann auch ein Beitrag für’s Auge. 🙂

      Antwort
  2. birthesgartenzeiten

    Das liest sich wie ein Roman … richtig spannend ;-). Handwerker – überall das Gleiche. Im „nicht kommen und nicht melden“ sind sie groß, dabei wäre alles ja gar nicht soo schlimm, wenn sie sich wenigstens MELDEN würden und absagen, aus welchen Gründen auch immer. Aber dieses Warten…! Immerhin kann man nun erahnen, das das Haus tatsächlich irgendwann bewohnbar sein könnte ;-). LG Birthe

    Antwort
    1. Landidylle Autor

      Sehe ich auch so Birthe, man kann mit mir über alles sprechen. Nur sprechen muss man und nicht lügen, dann kann man wirklich so gut wie alles mit mir klären. Aber zum Glück gibt es auch andere – leider musste ich durch eine harte Schule und da ich zugezogen war und von niemandem den Ruf kannte, kam ich nur durch probieren und supertolle Menschenkenntnis weiter. 😉
      Ich setz mich gleich an die nächste Folge.

      LG Oli

      Antwort
  3. lovebuildbrighten

    Oh jeh, wie viele Menschen bei dir durchstiefeln mussten, bis tatsächlich mal jemand kompetentes und dabei war und tatsächlich tätig wurde… Ich bin gespannt auf deinen nächsten Beitrag zur Sanierung/Renovierung! 🙂

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    1. Landidylle Autor

      Es waren weit mehr Menschen als beschrieben, ich habe die Geschichte abgekürzt. 🙂 Irgendwann könnte der Leser das Gefühl bekommen, dass ich irgendwie schwierig bin, aber ich schwöre, das war nicht das Problem!
      Kleine Anekdote noch: Gut war der Maurer, der von zuhause abgeholt werden musste weil er gerade keinen Führerschein hatte. So weit so gut, Menschen machen Fehler, ich bin die letzte, die das nicht weiss. ABER wenn man dann auf der Fahrt erzählt, wie weit die Polizei einen verfolgt hat während man Schlangenlinien auf der Autobahn fuhr, wie es sich mit dem Alkoholkonsum im Allgemeinen und Besondern verhält und wie man unter Alk so reagiert, dann wird es auch mir mal unwohl im Bauch.
      Gott, ich merke gerade, dass ich die Hälfte der Geschichten schon fast vergessen oder verdrängt habe. LOL

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  4. natuerlichjesus

    Als ich 8 Jahre alt war haben meine Eltern nochmal neu gebaut. Bevor das Loch auch nur aus gebaggert worden war, hatte meine Mutter alles durch geplant und mit den Handwerkern gesprochen.
    Im Februar 1994 rief sie bei der Heizungsfirma an (mein späterer Chef 😁) und fragte ihn, ob er Dienstags nach Pfingsten 1995 (!!!) mit dem Einbau der Heizung beginnen könnte. Er sagte dass sei kein Problem.
    Im Laufe des Jahres erinnerte sie ihn immer mal wieder daran, meine Eltern suchten sich einen Ökoheizschrank und Heizkörper aus.
    Alle Firmen arbeiteten genau so wie Mama es geplant hatte. Nur der Heizungsbauer kam nicht. Er hatte nicht so ganz an Mama’s Plan geglaubt 😉
    Am Ende hat es aber doch gut geklappt. Wir haben 08/1994 gestartet und waren 11/1995 im Haus 👍

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    1. Landidylle Autor

      … ist natürlich – so ärgerlich es im Einzelfall ist – eine schöne Bestätigung für einen selber, es DOCH alles geschafft zu haben, nach eigener Nase und eigenem Plan.

      Antwort

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