Nein, ich bin nicht vom Hocker gefallen. Obwohl die Gefahr besteht, wenn jemand ohne Schwindelfreiheit auf einen Hocker steigt, dessen Beine im Kiesbett versinken.
Unkrautvlies, Kies, Granitmauer, Buchsbaum – man würde es nicht vermuten, aber sowas gibt es hier. Hintergrund ist, dass es an der Straße etwas ordentlicher aussehen soll, als es im restlichen Garten der Fall ist und keiner von uns Lust hat, dort zu arbeiten. Es reicht schon, alle paar Wochen das Unkraut vom Bürgersteig und aus der Gosse – direkt neben den vorbei rasenden LKW und Autos – zu entfernen und damit 500€ Strafgeld zu sparen die es kosten würde, wenn wir Sand und Unkraut nicht wegputzen. Der Verlauf des Gartens von vorne nach hinten ist also leidlich ordentlich bis natürlich chaotisch.
Aber zurück zum Fenster putzen.
Wie ja allgemein bekannt ist, ist dieses Haus eine Baustelle und ein Groschengrab und wir haben deutlich weniger Zeit und Geld als wir bräuchten, um alles zeitnah instand zu setzen so wie wir es gerne würden. Während 2 Seiten vom Haus bereits gedämmt sind, neue Fenster und eine vorgehängte Holzfassade bekommen haben, sind die restlichen beiden Seiten im Altbau-Zustand: Flick-Mauerwerk, alte ‚dänische‘ Fenster, die nach außen öffnen, verwitterte Holzluke und 70er Jahre Plastikfenster gemischt, der alte schöne Vollziegel und neuer hässlicher Klinker ebenfalls gemischt.
Da gibt es wenig Schönes und Stil hat das im Gegensatz zu anderen Altbauten auch wenig. Geplant war, die restliche Fassade auch zeitnah zu verkleiden. Die neuen, schönen Holzfenster und das restliche Material standen bereits parat, als das Schicksal sich für etliche Monate wendete und wir erst einmal gar nicht am Haus weitermachen konnten und auch nicht wollten, unsere Köpfe waren randvoll mit anderen Sorgen. So lagerten wir die Fenster bei den Nachbarn im ehemaligen Kuhstall ein, zahlen unsere jährliche Miete augenzwinkernd in Form einer Ente, obwohl immer abgewunken wurde – und die Baustelle stand und steht an dieser Stelle still.
Irgendwann besserte sich die Lage und etwa zeitgleich fingen wir wieder an, am Haus zu arbeiten. Regale in der Speisekammer anbringen, den Windfang außen und innen verkleiden und ausbauen, Ausgleich machen und fliesen, eine Tür zumauern, ein Dutzend Kleinigkeiten, die viele Arbeit und der Garten – es gibt immer viel zu tun und manchmal wird man baustellenmüde. Dann kotzt es einen an, dass hier noch eine Fliese fehlt, dort die Laibung nicht verputzt ist, der Klositz wackelt, ständig ein Staubschleier auf allem hängt, in der Küche nackte Glühbirnen hängen, die Sockel nicht geklebt sind, wir nicht wissen, ob wir den von den Handwerkern falsch aufgetragenen Putz wieder abschlagen sollen oder nicht.
Diese Unzufriedenheit führte dazu, dass ich irgendwann verkündete ‚da vorne mach‘ ich gar nix mehr!‘. Gar nix meint in dem Fall vor allem: keine Fenster putzen. Fenster, die ohnehin bald ausgetauscht werden – sofern sie nicht vorher aus dem Kitt rutschen zu putzen ist ja nun wirklich saudämliche Zeitverschwendung oder?
Richtig. Ganz meine Denke. Und so führten Feinstaub, Dreck vom Maishäcksel, Vogelschisse und anderes dazu, dass man in kürzester Zeit fast nicht mehr durch die Fenster sehen konnte. Macht nix, die Straße wollen wir eh nicht sehen und die Nachbarin, die sich mal bei mir beschwerte, dass sie gar nicht ins Haus gucken könne weil ich vorne die Vorhänge immer zugezogen habe, ist eh weggezogen.
‚Da vorne mach‘ ich gar nix mehr (bis die Fassade gemacht ist und die neuen Fenster eingesetzt wurden!‘ beinhaltet natürlich auch ein wenig die Botschaft ‚Nun lass‘ uns doch irgendwie mal zusehen, dass wir trotz allem da vorne mal eben die Fassade fertig machen und die Fenster einsetzen, wir wissen doch, wie es geht, es ist keine Wissenschaft und wenn man zu zweit dabei geht, ist das ratzfatz gemacht‚.
Ich habe diese Worte sogar mal gesprochen weil Männer Menschen das gesprochene Wort besser verstehen und ich generell nicht der Meinung bin, dass jemand meine Gedanken lesen muss, sondern ich sie auch klar und beinhart in Worte fassen kann.
Eines Tages putz‘ ich mal die Fenster. Nur so aus Neugier.
Gut, es gab und gibt wichtigere Baustellen aber als ich vorhin tatsächlich nach langer, langer Zeit mal wieder (inkonsequenterweise) die Fenster putzte und mich freute, wie schön hell es dadurch im Haus wird, obwohl das Wetter draußen grau, eiskalt und trostlos ist, flogen mir 3 Argumente zu, in diesem Winter vielleicht doch noch dem Haus ein schönes Gesicht zu geben.
Das erste Argument sind die pitschnassen Wände im Bereich der Laibungen, die ich entdeckt habe. Wie nett.
Das zweite: Warum nicht aus dem Schwedenofen-Zimmer ein Büro machen. Einige Leute aus diesem Haushalt werden demnächst (wieder) eines brauchen.
Drittens: die alten Fenster fallen wirklich bald aus dem Rahmen, ein nochmaliges Putzen halten die eher nicht aus und ich befürchte, dass spätestens der Frost das mürbe Holz final sprengen wird.
Das sind also mal wieder die Schattenseiten des Lebens auf einer Baustelle und des selber machens. Keine Zeit, kein Geld, streckenweise Bruch und Schrott und es überfallen dich plötzlich Probleme, von denen du nie etwas wissen wolltest. Das Geld, was wir nicht haben, wollten wir an sich in einen Folientunnel investieren.
Und die Gefahren des Fensterputzens liegen auch klar auf der Hand: du entdeckst im Zweifelsfall Dinge, die du nicht entdeckt hättest, wären die Vorhänge zu geblieben.
Ich dachte erst es geht um die erreichbarkeit des Fensters zum putzen, klar, wenn der Kitt nur noch bröckelt ist das putzen schwierig. Ist das die Wetterseite ? Ich hatte es auch mal das Regenwasser ins Innere kam trotz geschlossenem Fenster. Da war die Regenrinne verstopft. An alten Häusern ist immer was zu machen.
Das Wetter kommt meist von SW, das da ist die SO-Seite, ziemlich trocken. Die alten fenster sind vermutlich aus dem Baujahr, die dürfen kaputt sein, die anderen Plastikdinger … tja, ich weiss nicht, ob man die früher standardmässig so eingebaut hat, heute macht man das anders, so richtig akkurat sitzen die wohl nicht. Dach und Dachrinne sind neu und wurden sogar weiter vorgezogen, das kanns nicht sein.
Ich denke am ehesten liegt es an den seltsamen Fenstern und neulich ist noch etwas Feuchtigkeit reingekommen, weil in dem Raum eine Tür zugemauert wurde. Wir starten da jetzt die Heizperiode, machen Stoßlüften und ich plädiere dafür, die Fassade zu machen und die neuen Fenster einzusetzen.
Oh, Fensterputzen tu ich auch nur etwa 2 Mal im Jahr 😉 Dachfenster… Einmal Regen und sie sind eh wieder schmutzig. Allerdings ist es ja gut, dass du die nasse Wand gefunden hast! Sonst hätte sich da vielleicht noch Schimmel gebildet.
Haltet durch, irgendwann habt ihr ein wunderschönes Haus. Ich bewundere euch dafür, dass ihr so viel selbstmacht. 🙂
Vielen Dank liebe Jacqueline! Ja, wir halten durch, was sollen wir auch sonst machen? 🙂
Meistens sprühe ich vor Tatendrang und bin frohen Mutes, mich verlässt selten der Mut. Ganz selten und dann auch nur stunden- oder tageweise. Das wird schon alles. Und Fenster putze ich auch ohne Renovierungsstau ungerne, dabei freue ich mich immer, wenn sie sauber sind. Leider werden sie eh meist schlierig.
Aber man glaubt es nicht! Ich habe mal eine Frau kennengelernt, die jeden Tag die Fenster putzt! Die hat nicht zuviel Zeit oder so, 3 Kinder, Haus, Garten, kocht, dekoriert, werkelt … aber witschert 1x am Tag die Fenster über. Es gibt da wohl so ein Baukastensystem ähnlich Ha-Ra und das soll total toll sein. Naja. Selbst wenn ich das hätte und mir die Zeit nehmen würde alle Fenster zu wischen (hahahaha!) …. erstmal die ganzen Fensterbänke leer räumen? Ich hab‘ da kaum was stehen, aber es reicht. Hab‘ ich mal erzählt, dass ich auch eine Frau kenne, die jeden Tag die Fensterbänke wischt?
… tjaja, durch Kinder lernt man Leute kennen …! 😉
Liebe Grüße, Oli
Liebe Oli,
euer Hausprojekt und dein Blog sind wirklich eine Quelle der Freude und Inspiration! ich habe jetzt alles zum Thema „Haus“ nachgelesen und so viele parallelen festgestellt. Alles, was du an Erlebnissen mit Handwerkerkern beschreibst, ist uns auch genau so passiert ….
Und auch deine Worte, nie wirklich fertig zu werden, auch mal einen schlechten Tag zu haben, sich doch wieder aufzurappeln, und am Ende immer wieder feststellen, dass es halt doch am besten ist, wenn man es selber macht…… Ja, so geht es uns zurzeit auch täglich!
Und wir sind so dankbar, dass wir noch nicht umziehen müssen, wobei wir es auf der anderen seite auch nicht mehr abwarten können.
Also, motivieren brauche ich dich, glaube ich, nicht. Deshalb wünsche ich dir einfach, das alles gut und erfreulich weiterläuft, ihr alle Hürden überwindet und euren Lebenstraum immer mehr wahr werden lasst.
Liebe Grüße
Zaraahsoka 😉
Vielen Dank liebe Zaraahsoka!
Mir sind meine eigenen Berichte ganz wertvoll, weil es immer wieder schön oder auch belustigend ist, die alten Geschichten zu lesen oder die Fotos zu sehen!
Ja, diese Gefühle kann wohl jeder Besitzer eines alten Hauses nachvollziehen, mal voller Elan, der Dreck ist egal, dann wieder völlig verzweifelt ob der Tatsache, dass man IMMER irgendwo Baustellen, Schandflecken oder Materiallager hat. Ärger über Abhängigkeiten, Stolz es selber zu können, zu wenig Zeit und Geld dann dafür … 🙂
In unserem Falle war es allerdings auch so, dass wir alles gleichzeitig gemacht haben: Haus sanieren, Garten anlegen, heiraten, Kind bekommen und dann eben die Probleme, die uns etwas aus der Bahn geworfen haben. jetzt ist alles gut, nur eben das Baby! Raahhh!
Aber irgendwann, irgendwann wird es hier wunderschön sein und hoffentlich müssen wir dann nicht vorne wieder anfangen.
Also: So einen Bau zu dokumentieren kann ich wirklich nur empfehlen, im Notfall kann man ein Buch darüber schreiben. Bin gespannt, etwas von eurem Bau zu hören!
Liebe Grüße,
Oli
Da du ein so gutes Vorbild bist, bin ich hochmotiviert, zumindest im SV-Forum mal einen Bericht zu starten. Allein, die Photos möchten sortiert werden …….
Herr (Oder auch Göttin, 😉 wie ich gelernt habe), schenk mir Zeit!
Übrigens interessante Grafik, die da neben meinem Namen steht 😉