Als gute Ehefrau und Mutter müsste ich nun natürlich behaupten, dass es das grösste Glück ist, gemeinsam mit meinen lieben an einem reich gedeckten Tisch zu sitzen und in absoluter Harmonie und sich gegenseitig anschmachtend ein opulentes Mahl zu geniessen, für das ich voller Aufopferung 13,78 Stunden in der Küche gestanden habe. Das wäre wohl vermeintliche Landidylle.
In echt bin ich manchmal heilfroh über jedes Wort, was nicht gesprochen werden muss, jedes Geräusch, was nicht meine Ohren quält und wenn das elendige Gezappel endlich mal für ein paar Stunden aus meinem Fokus verschwindet. So!
Da das für jemanden ohne den entsprechenden, entlastenden familiären Überbau eher selten der Fall ist und ich ansonsten jede freie Minute damit verbringe, vermeintlich liegen gebliebenes aufzuarbeiten, sind Momente wie der oben im Bild rar.
Ein Frühstück ganz mit mir allein, mit Erzeugnissen aus dem eigenen Garten, abgesehen von zirpsenden Grillen und singenden Vögeln Stille und nur gelegentlich das nervige Kläffen fremder oder eigener Köter.
Die große Freude darüber, doch ganz schön weit gekommen zu sein auf dem Wege, aus einer kargen Koppel und einer Ruine ein Zuhause zu machen, welches Körper und Seele nährt, die Familie versorgt, ein wenig körperliche Kraft benötigt und dafür ‚Peace of Mind‘ gibt. Ein lebendiger Organismus, der sich hoffentlich, hoffentlich irgendwann weitestgehend im Sinne einer Kreislaufwirtschaft mit ordnenden Händen selbst erhält und vielleicht von der nächsten Generation wertgeschätzt wird.
Aus dem man im Rahmen von Tauschhandel Produkte entnimmt und andere zufügt, der aber immer wächst und produziert, vergeht und von neuem wird.
Sich darauf und darüber zu freuen – bei einer Honigmelone aus dem Folientunnel und einem Blaubeerpfannkuchen aus Eiern der eigenen glücklichen Hühner die man in einiger Entfernung gackern hört und selbst gesammelten Blaubeeren – ist tief empfundenes Glück. Zu spüren direkt im Bauch.
Ich habe selten eine so erfüllende Aufgabe gehabt wie diese, spannend, herausfordernd, immer wieder neu, voller Möglichkeiten.
Beim Gedanken an moderne, abhängige Lebensentwürfe denke ich manches Mal: Stellt euch mal vor, dass alles, woran ihr geglaubt habt, gar nicht wichtig ist.
Letztlich muss jeder seinen Weg finden und gehen, ich hoffe nur, dass ein jeder dann auch irgendwann mit sich alleine und seinem Glück im Bauch, dümmlich seelig grinsend wenigstens eine halbe Stunde mitten in seinem Lebensplan schwelgen kann. Das würde die Welt zu einem guten Ort machen.
Und dann ist vielleicht auch wieder Kraft da für dringend zu erledigenden Schreibkram, Tobsuchtsanfälle von dreijährigen, orientierungslos das ganze Haus nach XYZ durchsuchenden Ehegatten, den nächsten Termin beim Steuerberater und Wäscheberge.
Und denkt an das Heupferd! Ich habe daran gedacht und dabei stört es dann auch nicht, dass auf der anderen Seite des Tisches 3 IBC-Tanks, 2 Gasflaschen und ein Laufrad stehen. Mindestens.
„Der Mensch ist frei, sobald er sich dazu entschließt.“
Voltaire
> Und das Rezept für die Blaubeersauce mit Blutorangenschalen gibt es hier <
Sehr schön geschrieben! 🙂
Danke 🙂
Ich kann Dich so gut verstehen, und wünsche Dir, dass Du diesen Weg noch lange so weiter gehen kannst.
Ich habe es fast 20 Jahre gemacht und bestimmt nicht gedacht, dass ich dies alles jemals aufgeben könnte. Ich konnte, musste und es geht mir trotzdem gut. Es war eine schöne, harte Zeit, dass weißt Du bestimmt, genieße sie trotzdem und dass Du das machst, sehe ich an Deinen Worten.
Lieben Gruß Marlies
Vielen Dank Marlies für die Wünsche und für’s Teilen deiner Erfahrung. Ich hoffe, dass wenn ich diesen Weg einmal verlassen muss, ich ebenso meinen Frieden damit machen kann!
Liebe Grüße, Oli
So isses!
Jepp 🙂
wie wahr!
*nick nick*…
Lieben Gruß! Gabi
Ein guter Beitrag zum nachdenken.
Liebe Gruesse
Monika
Danke dir, das freut mich!
Liebe Grüße zurück, Oli
Einfach toll geschrieben und mehr als nachvollziehbar. Das Glücks-Gericht sieht einfach wunderbar aus und ich habe keinerlei Mühe mir vorzustellen, dass es genauso geschmeckt hat. Ich wünsche Dir noch viele solcher Momente – bitte einfach genießen! Wir haben den Schritt in die Freiheit gewagt und da sollte der Schritt zu etwas mehr persönlicher Freiheit doch wohl auch möglich sein, oder? 😉 Und wer 13, 78 Stunden für ein Familienessen in der Küche gestanden hat, kann entweder nicht kochen oder….na, da sag ich jetzt besser nichts zu! Viele liebe Grüße 🙂 Julia
Ja, wir haben den Schritt in die Freiheit gewagt. Danke, dass du es nochmal ausgeschrieben hast. Es zu lesen bereitet mir gerade nochmal Kribbeln im Bauch wie vor dem ersten Schritt dahin. 😀
Ganz liebe Grüße! Oli