Dithmarscher frische Suppe mit Vorwerk-Huhn

Wenn man seine Herkunftsregion wechselt und sich anderswo integrieren muss, stösst man wohl unweigerlich auf Seltsamkeiten. Das passiert sogar, wenn man sich nur wenige Dutzend Kilometer nordwestlich orientiert. Plötzlich heißt eine stinknormale Gemüsesuppe ‚frische Suppe‘. „Frisch im Gegensatz zu was?“ war also eine der ersten Fragen, die ich dem Indigenen gestellt habe als es darum ging herauszufinden, inwieweit wir auf kulinarischer Ebene alltagskompatibel sind. Ich meine: diese Frage liegt ja wohl auf der Hand oder?

Was ist das Gegenteil von frisch wenn es um Suppe geht? Aus der Konservendose? Aus dem Tiefkühlschrank? Aus der Biotonne? Diese Fragen des Lebens sind es, die mich in den Wahnsinn treiben und wenig später dann mein Gegenüber.

Mittlerweile übe ich mich in Gelassenheit, was regionale Besonderheiten der Sprache und Kultur angeht, immerhin bin ich zu ihnen gezogen und nicht sie zu mir – was mich allerdings nicht davon abhält, ihnen tröpfchenweise Hamburger Mundart einzuflössen.

Frische Suppe ist also mittlerweile frische Suppe. Weiss‘ Bescheid?

Am Wochenende haben wir unsere (in Hamburg gezüchteten) Vorwerkhühner geschlachtet und da sie altgedient waren, wurden sie zu Suppenhühnern. Ich hoffe, sie hatten ein schönes Leben mit viel Scharren, Auslauf und bestem Futter. Nun gehen sie in den Kreislauf des Lebens zurück.

Warum vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen gegessen werden, hat Prof. Dr. Dr. Kai Frölich, Vorstand des Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen e.V. Arche Warder in seinem Buch „Alte Nutztierrassen: Selten und schützenswert“ eingängig beschrieben. Warum alte Nutztierrassen überhaupt schützenswert sind, kann man kurz und knapp hier nachlesen.

Im Garten steht wunderschöner Porree, in der Erde unter abgestorbenem Laub warten Pastinaken, dem Stangensellerie hat der Frost bislang erstaunlicherweise nichts anhaben können, dazu noch ein kleiner Kopf Wirsing, einige Karotten und etwas Reis. 

Das sind die Zutaten für diese Dithmarscher frische Suppe mit Huhn.

Das Suppenhuhn wird mit soviel kaltem Wasser aufgesetzt, dass es knapp bedeckt ist, nach Belieben gesalzen und 2-3 Stunden köcheln gelassen – lieber länger als kürzer.

Das Gemüse putzen und mundgerecht zerkleinern, bereit stellen.

Für Porree habe ich neulich eine neue Methode des Putzens entdeckt und heute zum ersten Mal ausprobiert: Der Stengel wird unten zunächst nur leicht gekappt, sodass er noch zusammenhält, die grünen Teile der Blätter nach persönlicher Vorliebe eingekürzt. Die Stange wird dann längs in der Mitte aufgeschnitten und kann so leicht unter fliessendem Wasser gereinigt werden, ohne dass man die bereits geschnittenen Ringe übermässig verwässern muss oder an kleinteiligen Stücken die Erde abkratzen. Das klappt prima, der einzige Nachteil ist … logisch … dass man nur noch Halbringe hat.

Das gare und zarte Huhn aus der Brühe heben und zum Zerteilen bereitlegen. *Reis in die Brühe geben und 10 Minuten köcheln, Wurzelgemüse dazu geben und nochmals etwa 10 Minuten garen, dann Blattgemüse zufügen und weitere 10 Minuten köcheln.

In der Zwischenzeit das Hühnchen zerteilen und wieder zur Suppe geben. Fertig.

*Im Dithmarscher Original wird bunter Reis mit Rosinen als Beilage gereicht. Ähem, ich habe die Rosinen wohl aus Versehen vergessen.


Die frische Suppe braucht keine weiteren Gewürze oder Kräuter, der Porree und Sellerie frisch aus der Erde haben soviel Würze, dass alles andere nur den ach so frischen Geschmack der frischen Suppe verderben würde.

Die Reste und Überschüsse vom Putzen der Gemüse kann man übrigens prima wieder in den Dörrapparat geben um sich Suppenbasis oder – würze herzustellen.

Natürlich kann man Dithmarscher frische Suppe auch aus anderen Gemüsen und Fleischsorten herstellen, was gerade frisch da ist eben: grüne Bohnen, Petersilienwurzel, Kartoffel und anstatt oder zusätzlich zum Suppenhuhn ist der eigentliche Klassiker eine anständige Portion Hackbällchen (Klüten). In dem Fall ohne Huhn wird die Suppenbasis aus Knochen laaange gekocht.
Zur Dithmarscher frischen Suppe wird an sich wie gesagt Reis mit Rosinen gereicht – und das ist Gerüchten zufolge auch die einzige Art, wie manch ein Ditschi Rosinen zu essen bereit ist.

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5 Gedanken zu „Dithmarscher frische Suppe mit Vorwerk-Huhn

  1. Stefanie

    Oh Gott, wie lecker, frische Suppe (da lebe ich nun seit Jahrzehnten in Hamburg und weiß nicht, dass man den Ausdruck hier offenbar nicht kennt. In meiner Heimat Angeln hingegen ist frische Suppe ganz geläufig. Rosinen im Reis allerdings nicht.) Liebe Grüße, Stefanie

    Antwort
    1. Oli@Landidylle Autor

      Die war wirklich grandios, wir haben noch nie so eine geschmackvolle frische Suppe gehabt.

      Dass ich den Begriff aus HH nicht kenne kann an sich auch daran liegen, dass mein über Generationen als Hamburger eingeborener Vater generell Suppe nicht als adäquate Nahrung ansah und die Familie meiner Mutter sich aus einem Süddeutschen und einer Ostfriesin ergab. Hrm.

      Was bunten Reis angeht, habe ich hier unter alten Leuten in RD-ECK recherchiert und festgestellt, dass der auch unbedingt dazugehört.

      (Und generell fanden sie alle, dass frische Hühnersuppe mit Klüten und buntem Reis zwar unheimlich gut ist, aber viiieeel zu viiieel Arbeit)

      Liebe Grüße ins gegenteilige Exil 🙂
      Oli

      Antwort

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